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Odenwald-Durchquerung
Text und Fotos: Eckart Winkler, Bad Nauheim, http://www.eckart-winkler.de
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Allgemeine und touristische Informationen zu Deutschland

 

Lange Tageswanderung durch den Odenwald - Michelstadt mit schöner Altstadt und Einhardsbasilika - Neunkircher Höhe mit Kaiserturm - Kletterparadies Felsenmeer - Melibokus und Zwingenberg

Reisedaten
Datum der ReiseOktober 2003
Dauer1 Tag
Bericht online seit22.01.2004
Aktualisiert am16.02.2007


Die Planung

Eine Tour durch den Odenwald wollte ich unternehmen. Weil es nicht zu einfach sein sollte, setzte ich mir 40 km als Minimum. Und natürlich sollten ein paar Berge dabei sein. An- und Abreise hatte ich mit der Bahn geplant. Interessant schienen mir die Punkte Melibokus, Felsenmeer und Neunkircher Höhe als zweithöchster Odenwald-Gipfel. Als Start- und Endpunkt boten sich Michelstadt und Zwingenberg an, letzteres direkt am Fuß des Melibokus gelegen. Die Entfernung zwischen beiden deckte sich ungefähr mit meinen Vorstellungen.

Der Fahrplan der Deutschen Bahn bestimmte dann, dass es von Michelstadt nach Zwingenberg gehen sollte und nicht umgekehrt. Denn von Zwingenberg konnte man laut Fahrplan noch bis in die Nacht hinein wegfahren, von Michelstadt aber nur bis 19.40 Uhr. Da die erste Hälfte der Wanderung ansonsten ohne große Höhepunkte gewesen wäre (außer Michelstadt natürlich), nahm ich noch den Morsberg ins Programm, über den ich zwar nichts wußte, der aber mit seinen 517 m noch ein paar Höhenmeter ergab und ohnehin so ziemlich auf dem Weg lag.

Weil es nun in der zweiten Oktoberhälfte (vor Umstellung auf Winterzeit) schon gegen 19 Uhr dunkel sein würde, nahm ich meine Taschenlampe mit. Ohne Licht im Wald wäre es vermutlich nicht so lustig. Die Alternative, früher loszuwandern, war aufgrund der Länge der Anreise mit der Bahn kaum zu realisieren. So oder so, auf dem Weg würde ich mir keine langen Aufenthalte und Trödeleien leisten können.

Wer eine längere Anreise hat, kommt daher um eine Übernachtung in der Nähe nicht herum. Eine Möglichkeit wäre in Heidelberg. Da kann man außerdem die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Stadt besuchen und den Abend in einer der zahlreichen Gaststätten verbringen.


Die Tour

Um 9.45 Uhr komme ich also am Bahnhof Michelstadt an, der Zug nur leicht verspätet. Als erstes eine kurze Sightseeing-Tour durch die Stadt. Eine schöne Altstadt gibt es hier, am bekanntesten der Marktplatz mit dem schönen Fachwerk-Rathaus. Das muß man gesehen haben. Der straffe Zeitplan läßt leider nicht mehr als ein paar Minuten Aufenthalt zu.

Michelstadt gehört zum Kreisgebiet des Odenwaldkreises und liegt zwischen Bad König und Erbach. Neben dem Rathaus sind auch die zahlreichen Fachwerkhäuser der Altstadt zu erwähnen, außerdem die erhaltenen Teile der Stadtmauer mit dem Diebsturm, die Stadtburg (auch Kellerei genannt) sowie die spätgotische Stadtkirche mit ihren Grabdenkmälern im Inneren und auf dem Gelände außerhalb der Kirche.
Rathaus Michelstadt
Das Michelstädter Rathaus ist der
Blickfang in der Altstadt


Und schon geht es wieder zurück zum Bahnhof und weiter in den Ortsteil Steinbach. Hier lockt die Einhards-Basilika, die bedeutendste karolingische Basilika nördlich der Alpen. Eine eingehende Besichtigung sicher zu empfehlen, allerdings fehlt auch hierzu die Zeit. Denn jetzt geht es endlich auf die Strecke, es ist 10.10 Uhr.

Noch in der Stadt verlaufe ich mich, die Wanderkarte ist eben eine Wanderkarte und kein Stadtplan. Am Ortsausgang merke ich, dass ich mich fälschlicherweise auf der B47 befinde. Nun gut, dann laufe ich eben ein bißchen die Bundesstraße entlang. An der Einhardsquelle bin ich wieder auf dem richtigen Weg, und der heißt hier "Nibelungenweg". Diese Bezeichnung ist eine Schöpfung der Neuzeit, die den Tourismus ankurbeln soll; die B47 wird hier demgemäß "Nibelungenstraße" genannt. Immerhin soll der Nibelungenweg, der von Worms bis Wertheim am Main führt, in etwa dem Weg entsprechen, den die Nibelungen im zweiten Teil der Sage auf ihrem Marsch zum Hof des Hunnenkönigs Etzel in Ungarn genommen haben.

Der erste auffällige Punkt auf dem Weg ist die Russeneiche. Sie heißt vermutlich so, weil nach der Völkerschlacht 1813 bei Leipzig russische Soldaten hier campierten, die den fliehenden Napoleon verfolgten. In anderer Version soll Napoleon bei seinem Rückzug die russischen Soldaten als Gefangene mitgenommen haben. Ob sie dann aber nicht vielleicht eher Napoleoneiche hieße??! Die Eiche ist innen hohl, man kann hindurchsehen, aber auf jeden Fall ein beeindruckendes Naturdenkmal.
Russeneiche
Eindrucksvolles Naturdenkmal Russeneiche


Weiter auf dem Nibelungenweg, ich nähere mich wieder der B47, der Weg führt jetzt fast parallel zur Straße. An der Kreuzung zur L3414 steht ein Haus, das in der Karte als "Spreng" bezeichnet ist. Scheint eine Gaststätte zu sein. Vielleicht heißt auch diese Gegend so. Und schon geht es auf der anderen Seite hoch zum Morsberg. Der Weg führt durch Wald, und die Steigung ist spürbar. Der höchste Punkt liegt nicht am Weg, daher mache ich noch einen Abstecher, um dort meine Mittagsrast einzulegen.

Die Idee, den "Gipfel" zu überschreiten und nicht zum Weg zurückzukehren, erweist sich als nicht so gut. Ich brauche eine geraume Zeit, bis ich mir sicher bin, an welcher Stelle der Karte ich mich nun befinde. Bald ist eine große Kreuzung im Wald erreicht, 2.3 km nach Beerfurth heißt es hier. Da will ich hin, alles klar.

Auf dem Weg sieht es auch so aus, als könne man sich nicht verlaufen, trotzdem passiert es. Und das Schlimme: Ich merke es erst, als ich fast eine halbe Stunde später am Parkplatz "Vierstöck" herauskomme, kaum vom Morsberg entfernt. Wie das passieren konnte, ist mir auch im nachhinein unklar. Und auch der Weg, den ich zur Korrektur dieses Mißgeschicks einschlage, ist nicht der beste. Teilweise querfeldein gehe ich durch Wald und Feld. Insgeheim denke ich mir, dass dieser Berg seinen Namen wirklich zurecht trägt.
Rathaus Reichelsheim
Auch das Reichelsheimer Rathaus ist fotogen


Immerhin, um 13.37 Uhr bin ich endlich in Beerfurth, das liegt nun wieder auf nur 200 m Höhe und besitzt einen schönen Schilderbaum. So langsam wird es kritisch mit meiner Zeitplanung, bis Zwingenberg ist es noch ein weiter Weg. Zunächst lasse ich mich aber nicht beirren und wandere gleich weiter nach Reichelsheim. Ohne weitere Vorkommnisse komme ich dort gegen 14 Uhr an und nehme mir die Zeit für ein Foto vom schönen Rathaus, das nur durch die Telefonzelle ein wenig gestört wird.

Und nun nehme ich mein nächstes Ziel ins Visier, die Neunkircher Höhe. Diese markiert erst Halbzeit auf meiner Strecke. Bald bin ich auch schon wieder auf 410 m Höhe. Der weitere Weg führt durch Wald. Nach Überquerung der L3399 sind endlich mal ein paar Menschen unterwegs, die ich bislang nur in den Orten gesehen habe. Aber der Weg zum Gipfel zieht sich noch ziemlich in die Länge.

Und dann bin ich da. Die Neunkircher Höhe ist mit 606 m die zweithöchste Erhebung des Odenwalds. Nur der Katzenbuckel ist mit 626 m etwas höher, aber der liegt weit im Süden. Der Kaiserturm enthält die höchstgelegene Gaststätte dieses Mittelgebirges. Eigentlich nur eine Gaststube mit vier Tischen. Angeboten werden Getränke und wenige kleine Gerichte. Ich genehmige mir eine heiße Wurst mit Apfelwein, das muß jetzt einfach sein. Die für 50 Cent zu genießende Aussicht vom Turm ist empfehlenswert. Der Melibokus als Fast-Ende meiner Wanderung aber noch in weiter Ferne. Länger darf ich mich daher nicht aufhalten.
Kaiserturm Neunkircher Höhe
Der höchste Punkt der Tour: Der
Kaiserturm auf der Neunkircher Höhe


Um 15.55 Uhr beginne ich den Abstieg nach Gadernheim. Und gleich weiter nach Reichenbach. Kurz vor dem Ort, noch im Wald, der Hohenstein, ein beeindruckender Felsen. Er wird heutzutage als Kletterfelsen benutzt. Und tatsächlich befinden sich hier einige "in der Wand", von unten per Seil gesichert. Der tiefste Punkt von Reichenbach liegt wieder mal auf nur noch 200 m. Quer durch den Ort, vorbei am Sportplatz, erreiche ich den Parkplatz Felsenmeer. Hier beginnt die nächste Attraktion.

Der Legende nach entstand das Felsenmeer durch den Streit zweier Riesen, die sich mit Felsbrocken bewarfen. Der auf dem Felsberg wohnende Riese verlor den Streit und wurde unter den Felsen begraben. In Wirklichkeit wurden diese Felsen im Laufe von Jahrmillionen unter Witterungseinflüssen vom Felsberg abgesprengt und haben sich in einer länglichen, am Hang liegenden Mulde gesammelt. Hier liegen sie noch heute.

Verschiedene Wege führen nach oben, wobei man an verschiedenen Aussichtspunkten vorbeikommt. Man kann aber auch über die Felsen klettern, was natürlich länger dauert. Ich nehme den normalen Weg, der ebenfalls steil nach oben führt. Erwähnenswert der Riesensessel, ein einzelner Fels, in den man wie bei vielen anderen auch eine Bedeutung hineingedichtet hat. Anders die Riesensäule. Diese wurde von Menschenhand bearbeitet, vermutlich von den Römern.

Der Gipfel des Felsbergs ist wenig attraktiv. Ein Parkplatz, ein Hotel und ein Restaurant gibt es hier. Das Restaurant ist aber schon geschlossen, es ist nach 18 Uhr. Der 27 m hohe Ohlyturm befindet sich auf dem höchsten Punkt des Berges, auf 513 m Höhe, aber auch er ist geschlossen. Ich lege eine letzte Pause ein, diesmal müssen 10 min reichen. Ein Hinweisschild gibt 5.7 km zum Melibokus und 10.5 km nach Zwingenberg an. Eine weite Strecke, es wird langsam dunkel.
Felsenmeer
Das Felsenmeer: Zwei Riesen sollen es geschaffen haben


Jetzt heißt es Tempo machen. Der Abstieg vom Felsberg führt wieder durch Wald, langsam wird es schwieriger, die Wegweiser zu erkennen. Ich komme aus dem Wald heraus, da liegt der Melibokus vor mir. Links von seinem gleichförmigen Kegel scheint ein wenig Abendrot. Einen halben oder ganzen Kilometer weiter verschwindet der Weg an seinem Hang wieder im Wald. Der tiefste Punkt am Parkplatz "Schollrain" liegt auf 280 m Höhe.

Der Weg steigt zum Melibokus also wieder an. Im Wald wird es von der Sicht her schwierig, doch bald komme ich auf eine Asphaltstraße, die sich in Serpentinen nach oben windet. Die ist trotz der Dunkelheit noch gut zu erkennen. Ständig raschelt es neben der Straße. Ich hoffe, es sind nur Rehe und nicht etwa Wildschweine oder so etwas. Zu erkennen ist rein gar nichts. Zum Glück ist dies der letzte Anstieg auf dieser Tour. Auf einen fünften Berg hätte ich dann vermutlich keine Lust mehr.

Oben ist es hell. Grund sind die militärischen Anlagen der US-Armee. Ein Sendeturm mit roten und blauen Lichtern, das Gelände ist eingezäunt und von Straßenlaternen umgeben. Ein kurzer Blick auf die Karte, dann wird die Taschenlampe herausgeholt, und ohne Pause folgt der Abstieg nach Zwingenberg. Es ist 19.15 Uhr.

Auf dem Weg ist es jetzt stockdunkel, ohne Taschenlampe wäre ich verloren. Es geht nicht so schnell wie zuvor. Der Weg muss ausgeleuchtet werden, um nicht über eine Wurzel oder einen Stein zu stolpern. Und natürlich muss ich die Wegmarkierungen suchen, die an den Bäumen angebracht sind.

Ich komme aus dem Wald heraus, und da liegt Zwingenberg vor bzw. unter mir. Ein einziges Lichtermeer. Und nicht nur Zwingenberg, sondern die gesamte Oberrheinische Tiefebene. Ein beeindruckendes Bild. Gerade so erkenne ich, dass der Weg hier durch Weinberge führt, wieder ist es asphaltiert und wieder serpentinenförmig. Ein letztes Mal durch Wald, um 19.58 Uhr bin ich in Zwingenberg.

Der Zug fährt um 20.11 Uhr nach Frankfurt, aber wo ist der Bahnhof? Zum Glück sind genügend Menschen auf der Straße. Schnell jemanden gefragt, er ist direkt um die Ecke. Um 20.05 Uhr bin ich am Bahnsteig, der Zug kommt, ich sinke ins Polster, das wars...!


Fazit

Eine Wanderung mit vielen Höhepunkten. Michelstadt, Neunkircher Höhe, Felsenmeer, Melibokus. Leider blieb auf dem Weg wenig Zeit, sich länger aufzuhalten. Das lag an der Jahreszeit im Oktober. Zwei Stunden länger Zeit, und es wäre perfekt gewesen.

Meine Empfehlung: Die Wanderung früher im Jahr machen, dann ist es länger hell. Und ggf. einfach früher losgehen, wenn es sich machen lässt. Und vielleicht sollte man auch den Morsberg aus dem Programm nehmen.


Statistik

Gesamtstrecke46.9 km
Anstieg gesamt1409 m
Reine Laufzeit9:15 h
Durchschnittsgeschwindigkeit5.07 km/h
Pausen gesamt65 min


Profil

Profil Odenwaldtour

 

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