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Marokko: Die Straße der Kasbahs
Text und Fotos: Eckart Winkler, Bad Nauheim, http://www.eckart-winkler.de
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Allgemeine und touristische Informationen zu Marokko

 

Marrakech - Über den Hohen Atlas - Tichka-Pass in 2260 m Höhe - Kasbahs von Ait Benhaddou - Ouarzarzate - Straße der Kasbahs - Todra-Schlucht - Erfoud am Rand der Sahara - Sanddünen von Merzouga

Statistik
Datum der ReiseAugust 1994
Dauer3 Tage
Bericht online seitMai 1999
Aktualisiert am21.04.2010


Erster Tag: Über den Hohen Atlas

Von Marrakech (andere Schreibweise: Marrakesh) aus geht es westwärts, dann nach Süden. Wir haben den Hohen Atlas zu überqueren, eine landschaftlich höchst reizvolle Strecke. Eine Dreiviertelstunde Fahrt, da erreichen wir schon die erste Passhöhe, den Tizi-n-Ait-Imguer, 1470 m hoch. Der Hohe Atlas ist ein Sandsteingebirge, überall dominiert die rote Farbe. Zusammen mit dem hier noch vorhandenen Grün sowie vereinzelten Gebäuden aus Lehm oder Sandstein ergibt sich ein unverwechselbares Bild.
Im Hohen Atlas
Im Hohen Atlas dominieren die Farben Rot und Grün


Wir passieren ein paar kleine Dörfer. In Serpentinen schlängelt sich die Straße nach oben. Zwangspause, weil eine Ziegenherde den Weg blockiert. Die Ziegen- oder Schafzucht dient immer noch vielen hier oben als Lebensgrundlage. Zwei hohe Berge kommen in Sicht, der Jebel Tistouit (3224 m) und der Jebel Bou Ourioul (3573 m). Zwischen beiden müssen wir hindurch.

Ein Stopp auf der Passhöhe des Tizi-n-Tichka. Mit 2260 m haben wir hier den höchsten Punkt erreicht. Ein Händler bietet Mineralien und Halbedelsteine zu günstigen Preisen an. Toll sehen sie aus, aber wir sind gewarnt worden: Oft sind sie unecht, nur zusammengebastelt.

Dann die "Abfahrt". Je mehr wir an Höhe verlieren, desto weniger Pflanzen gibt es. Eine öde Landschaft, unterbrochen wenigstens durch einige Oasen. Nur hier gibt es Wasser, nur hier können die Menschen leben.

Gegen 15 Uhr dann der Höhepunkt: Ait Benhaddou. Obwohl nicht an der "offiziellen" Straße der Kasbahs gelegen, sind hier gleich mehrere Kasbahs zu einem ganzen Dorf versammelt. Gut kann man die Bauweise studieren. Die Häuser sind aus Lehm, vermischt mit Stroh. Das Stroh sorgt für die Stabilität des Baustoffs. Dennoch ist viel Mühe für die Instandhaltung nötig. Schon nach wenigen Jahren fängt der Lehm an abzubröckeln.
Ait Benhaddou
Teils zerfallen, teils gepflegt: Ait Benhaddou


Und so sieht auch ein großer Teil des Dorfes aus: Zerfallen. Gepflegt nur der bewohnte Teil. Da haben wir auch einmal die Chance, einen Blick in eine solche Wohnung zu werfen. Oft sind die Wände verputzt oder bemalt, auch die Ausstattung mit Möbeln ist selbstverständlich.

Was ist aber nun eine Kasbah? Eigentlich ein Festungsbau. Allerdings wohnen hier die Menschen auch darin. Man könnte also sagen, eine Wohnburg. Und hier im Süden ist das Baumaterial meist eben Lehm. Dies gibt den Kasbahs hier ihr charakteristisches Aussehen.

Wir übernachten in einem Motel an der Straße. Nichts Luxuriöses, aber Dusche und WC sind da. Zum Abendessen gibt es Salatplatte und etwas typisch Marokkanisches: Tajine. Tajine bezeichnet zunächst nicht das Gericht selbst, sondern das Behältnis, in dem es zubereitet wird. Es ist ein Topf mit einem kegelförmigen Deckel. Allerdings ist es selten etwas anderes als Eintopf, den man in ihm kocht, und meistens sind verschiedene Gemüsesorten und Fleisch beteiligt.

Auch wenn man übers Land fährt, sieht man viele Tajine-Töpfe am Straßenrand stehen. Die stehen dort nicht zum Verkauf, sondern es wird darin gekocht. Und wenn oben auf der Spitze eine Tomate liegt, dann ist es fertig, und der Reisende kann sich eine Portion kaufen.


Zweiter Tag: Die Straße der Kasbahs

Ouarzazate bezeichnet den Anfang der Straße der Kasbahs. Der frühere französische Militärstützpunkt, der noch vor 20 Jahren mit 8000 Einwohnern sein Dasein fristete, ist inzwischen auf über 100 000 angewachsen. Und die Bevölkerungszunahme scheint noch nicht beendet.
Kasbah von Taourirt
Die Kasbah von Taourirt in Ouarzazate


So ist es auch kein Wunder, dass sich die einst außerhalb gelegene Kasbah von Taourirt nun mitten in der Stadt befindet. Ein gigantisches Gebäude ist das, und noch heute wohnen mehrere hundert Menschen darin. Der beeindruckendste Teil, der frühere Palast des Beduinenfürsten El Glaoui, dient als Museum.

Die heißeste Stadt Marokkos soll Ouarzazate sein. Davon merken wir jetzt nichts, denn es ist noch früh am Tag. Allerdings sorgt dieser Umstand dafür, dass die Temperaturen im Winter mild sind. Günstige Voraussetzungen für den Tourismus: Die Stadt ist zudem idealer Ausgangspunkt für Touren in den Süden, auch z.B. ins Draa-Tal, in dem ebenfalls eine Vielzahl von Kasbahs besichtigt werden können, oder von wo aus man eine Kamelsafari in die Wüste unternehmen kann.

Mehrere Filmstudios sind in Ouarzazate zu finden, und tatsächlich wurden auch einige bekannte Filme in der Gegend gedreht. Spezialisiert hat man sich dabei auf Verfilmungen von biblischen Themen sowie Monumentalfilme wie etwa Gladiator.

In der Nähe befindet sich der Stausee El-Mansour-Eddahbi. Er dient nicht nur als Wasser-Reservoir, sondern bietet auch Wassersport-Möglichkeiten. Der Flughafen verfügt über Umsteigeverbindungen zu mehreren europäischen Zielen, und Hotels und Restaurants komplettieren die touristische Infrastruktur.
Skoura
Wie eine riesige Sandburg: Die Kasbah von Skoura


Wir fahren jedenfalls erst einmal nach Osten ins Dadès-Tal. Es ist nun nicht so, dass hier jeden Kilometer eine Kasbah käme. Nein, das sicher nicht. Ganz im Gegenteil muss man manchmal wirklich danach suchen. Oft liegt eine Kasbah zwei oder drei Kilometer abseits der Straße und ist von dieser gar nicht zu sehen. Oder es handelt sich um keine Kasbah, sondern "nur" um ein Dorf, einen Ksar. Dieser ist dann aber auch in Lehmbauweise errichtet und nicht minder interesant.

Wer hier also zu schnell durchbraust, sieht vielleicht zwei oder drei Kasbahs und sonst nichts. Zeit muss man sich schon nehmen und auch den einen oder anderen Abstecher von der Hauptstraße. Es lohnt sich! Erwähnt werden soll noch die Kasbah von Skoura, die von vielen als die schönste angesehen wird. Verpassen sollte man sie auf keinen Fall! Wie eine Sandburg sieht sie von weitem aus. Erst beim Näherkommen bemerken wir die filigranen Arbeiten an den Mauerrändern und Türmen.
In der Todra-Schlucht
In die Todra-Schlucht kommt
nicht viel Licht


In Boumalne du Dadès verabschieden wir uns vom Dadès. Hier zweigt die gleichnamige Schlucht ab, mit Sicherheit ein lohnenswertes Ziel. Wir haben uns aber für die Todra-Schlucht entschieden, die nicht minder beeindruckend ist. Wagemutige können auch zunächst in die Dadès-Schlucht einfahren. Nach ungefähr 60 km geht es dann rechts über zwei Pässe mit 2300 und 2800 m Höhe in die Todra-Schlucht. Unbedingt sollte man hierzu ein allradgetriebenes Fahrzeug zur Verfügung haben, der größte Teil der Strecke ist nicht asphaltiert.

Ausgangspunkt des Abstechers in die Todra-Schlucht ist Tinerhir. Das Grün der zahlreichen Palmen in dieser Oase hebt sich wohltuend vom Einheits-Grau/Braun der Gegend ab. An Markttagen zieht der Ort die Menschen der gesamten Gegend magisch an.

Von hier geht es also nördlich in die Schlucht. Wenige Minuten, nachdem wir Tinerhir verlassen haben, sehen wir uns schon von steilen Felswänden umgeben. Teilweise erreichen diese 300 m Höhe. Ein kleines Flüsschen schlängelt sich durch die Schlucht, das wir auch schon mal durchqueren müssen. Bei Regen wird das sicher zum Problem.

Nahe der Quelle des Todra-Flusses haben sich mehrere Motels angesiedelt, hier werden wir die nächste Nacht verbringen. Nicht weit ist auch die engste Stelle der Schlucht. Nur 10 m beträgt hier der Abstand der Felswände noch. Diesen Abschnitt erforschen wir zu Fuß. Einen Wasserfall soll es in dieser Gegend geben. Aber wer weiß, wie weit der noch ist.

Zum Abendessen dann Couscous. Sicher der erste Gedanke, wenn die Rede auf traditionelles nordwestafrikanisches Essen kommt. Das grießartige Couscous wird meist mit Gemüse, Fleisch und Soße serviert, so auch jetzt. Dann kommen zwei Musiker und unterhalten uns mit Trommeln und einem Saiteninstrument. Seltsam hallen die Töne in der Schlucht wider, eine fast unheimliche Stimmung.

Kurz vor Mitternacht verstummt die Musik abrupt. Noch zehn Minuten, dann wird der Generator abgestellt, erklärt man uns. Tja, man ist hier eben nicht in der Großstadt, und elektrischer Strom ist Luxus.


Dritter Tag: In die Wüste
Tinerhir
Am Eingang zur Todra-Schlucht liegt die Oase Tinerhir

Westlich von Tinerhir werden die Kasbahs wirklich selten. Überhaupt ist diese Gegend noch dünner besiedelt. In Tinjdad können wir ein bisschen Obst erstehen, dann kommt die Wüste. Links und rechts der Straße sieht man immer häufiger Sanddünen. Obwohl es hier Vorrichtungen gibt, die den Sand von der Straße fernhalten sollen, sind Verwehungen nie ganz ausgeschlossen.

Heiß ist es außerdem, nichts mehr von der Kühle der Todra-Schlucht. Und Wasser gibt es immer seltener. Da braucht man schon das ausgeklügelte System der Foggara-Röhren, um an das kostbare Nass zu gelangen. Übrigens keine Erfindung von Ingenieuren unserer Zeit. Nein, das haben sich die Einheimischen schon vor Jahrhunderten ausgedacht.

Gegen Mittag erreichen wir Erfoud, die Hauptstadt des Tafilalt. Hier sind wir nur noch 30 km von der algerischen Grenze entfernt, und in dieser Gegend gibt es erstaunlicherweise eine große Zahl an Oasen. Insgesamt spricht man von einer runden Million Dattelpalmen im Tafilalt.
Kasbah
Noch eine Kasbah


Obwohl es immer mehr Bewohner in die größeren Städte zieht, macht Erfoud noch den Eindruck einer sehr geschäftigen Kleinstadt. Es gibt eine ganze Reihe nicht einmal schlechter Hotels, sogar ein Schwimmbad. Das muss man sich einmal vorstellen: Hier, mitten in der Sahara, der größten Wüste der Welt, ein Schwimmbad. Und bestimmt nicht für Touristen ist es erbaut, wir sind die einzigen. Diesen etwa 1 Euro billigen Spaß lassen wir uns nicht entgehen.

Um 15 Uhr geht es dann mit dem Landrover nach Süden. Eine feste Straße gibt es nicht mehr. Meist nicht einmal eine Piste. Zum Glück sitzen wir nicht selbst hinter dem Steuer, aber unser Fahrer kennt ja den Weg. Seine Erfahrung sagt ihm, wo er mit dem Fahrzeug noch durchkommt und wo nicht.

Erste Station ist ein Nomadenzelt. Männer sehen wir kaum. Wer arbeiten kann, tut dies auch. In Erfoud oder anderswo. Anwesend sind nur Frauen, Kinder und alte Männer. Ein stumpfsinniges Leben ist das hier, vor allem für die Alten. Deren einzige Beschäftigung besteht aus Teetrinken und ab und zu dem Rauchen der Wasserpfeife. Ein solches Rentnerdasein könnte man sich bei uns sicher nicht vorstellen.
Die Wüste
Der größte Sandkasten der Welt: Die Sahara


Dann die Sanddünen. In der Nähe der Oase Merzouga erstreckt sich das Erg Chebbi (Erg=Sandwüste), gewaltige Sandberge von bis zu 100 m Höhe. Selbst mit dem Landrover kommen wir hier nicht mehr weiter, zu Fuß lassen sie sich aber sehr wohl erklimmen. Bis fast nach Algerien könnte man hier gehen, ohne jemals wieder richtig festen Boden unter die Füße zu bekommen. Nach Belieben dürfen wir hier durch den Sand stapfen, über die Dünenkämme wandern, uns ins Tal rollen lassen. Kaputtmachen können wir nichts, nach dem nächsten Sturm sind die Karten ohnehin wieder völlig neu gemischt.

Am Rand der Sanddünen gibt es ein Gasthaus. Spartanisch eingerichtet, aber es gibt Cola, Tee und Wasser. Und einen Schlauch, mit dem man sich den feinen Sand von den Füßen waschen kann. Auf dem Rückweg ein letzter Stopp: Der Sonnenuntergang. Immer wieder faszinierend das Farbspiel in der Wüste.

Dies ist für uns das letzte Erlebnis im Süden von Marokko. Morgen nehmen wir Abschied und fahren zurück in den Norden. Ziel werden die Königsstädte Meknes und Fes sein, eine anstrengende Tour mit langer Fahrtstrecke steht uns bevor.


Hinweise

Eine Tour wie die beschriebene kann man mit dem Mietwagen auf eigene Faust unternehmen. Die Straßen befinden sich normalerweise in gutem Zustand (auf Ausnahmen ist im Text hingewiesen). Für die Fahrt zu den Sanddünen von Merzouga muss man sich einen Landrover samt Fahrer mieten.

Zur Fortsetzung der Reise könnte es von Erfoud nun über Er Rachidia, Midelt und Beni Mellal zurück nach Marrakech gehen. Oder (wie in unserem Fall) in Richtung Norden nach Meknes oder Fes.

Es werden auch einwöchige Touren angeboten (oft von Agadir), die so oder ähnlich verlaufen. Eine häufige Variante sind zweiwöchige Reisen, die vom Norden an der Atlantikküste über Rabat und Casablanca bis nach Marrakech verlaufen, dann die beschriebene Strecke nehmen und von dort über Meknes und Fes zurückgehen.

 

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