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Bergbesteigung Kilimandscharo Teil 2
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Vulkankegel Kibo - Sonnenaufgang am Gilman's Point - Entlang des Kraterrandes zum Uhuru Peak - Höchster Punkt Afrikas - Abstieg auf der Marangu-Route Reisedaten
Um Mitternacht ist Aufstehen angesagt.
Ein Tee, und schnell den Rucksack fertiggepackt.
Jeder bekommt noch ein kleines Lunchpaket mit auf den Weg,
und jeder füllt sich seine Flaschen mit Wasser.
Um 1:15 Uhr geht es dann endlich los.
Auf diese letzte Etappe kommen die Träger natürlich nicht mehr mit.
Sie können diesen Tag etwas geruhsamer angehen lassen und gehen auf gleichbleibender Höhe zur Kibo Hut,
wo alle wieder zusammentreffen werden.
Und gleich geht es mit extremer Steigung los.
Langsam, langsam, so heißt die Devise.
Jeder Schritt kostet Kraft und läßt den Puls
und die Atemgeschwindigkeit hochschnellen.
Bis Sonnenaufgang gegen 6:30 Uhr sollen auf diese Weise
etwa 900 Höhenmeter überwunden sein.
Zum Glück ist es dunkel, und man sieht den Berg kaum, der vor einem liegt.
Übelkeit und Kopfschmerz sind die harmlosesten Begleiterscheinungen der Sauerstoffarmut.
Eins von beiden bekommt jeder.
Um 4:15 Uhr erreichen wir die Hans-Meyer-Höhle.
5151 m Höhe, benannt nach dem Erstbesteiger im Jahre 1889.
Kurze Pause, dies ist erst die Hälfte auf dem Weg zum Gilman's Point.
Immer weiter geht es, jetzt zerfällt die Gruppe, einige gehen voraus, andere lassen sich zurückfallen.
Aber noch gibt keiner auf.
Ich bin jetzt in einer Dreiergruppe unterwegs,
der Führer und seine Assistenten sind nicht mehr zu sehen.
Sie haben sich wohl den anderen angeschlossen.
Verlaufen kann man sich allerdings nicht.
Je näher wir dem Krater kommen, desto häufiger werden unsere Pausen.
Die Sonne geht auf, wir sind aber noch nicht oben.
Meine beiden Mitstreiter übergeben sich innerhalb kurzer Zeit,
mir bleibt das zunächst erspart.
Gegen 7 Uhr sind wir dann endlich oben.
Nun erwischt es mich auch. Was will man machen!
Danach geht es einem eigentlich viel besser.
Der Blick in den Krater ist faszinierend.
Riesig und mit vielen seltsamen Eis- und Schneeformationen.
Der Gilman's Point mit einer Höhe von 5685 m ist der erste Gipfel des Kibo.
Wer es bis hierhin schafft, gilt schon als Kilimandscharo-Bezwinger.
Es steht aber noch Uhuru Peak auf dem Programm.
Bis dahin sind weitere 200 Höhenmeter zu bewältigen.
Links geht es den Kraterrand entlang.
Es ist nicht mehr so steil, aber man hat ja auch schon eine Riesen-Anstrengung hinter sich.
Einer der beiden Assistenten gabelt uns auf und führt uns zum höchsten Punkt Afrikas:
Uhuru Peak auf 5892 m Höhe. Es ist 8:45 Uhr, und wir sind am Ziel.
Kaiser-Wilhelm-Spitze hieß dieser Ort bis 1964.
Benannt vom Erstbesteiger Hans Meyer aus Leipzig nach dem damaligen deutschen Kaiser.
Er hatte zusammen mit dem Salzburger Ludwig Purtscheller am 6. Oktober 1889 den Gipfel bezwungen.
41 Jahre zuvor war der deutsche Missionar Johann Rebmann wegen seiner Berichte
über einen schneebedeckten Berg in der Nähe des Äquators noch verhöhnt und verspottet worden.
Die Unabhängigkeit Tansanias war für den ersten Präsidenten Nyerere der Anlaß,
ihn in "Uhuru Peak" (Freiheitsgipfel) umzubenennen.
Was macht diese Viertelstunde aus, die wir hier oben sind?
Es ist eisig kalt.
Eine öde Landschaft ist das, wir haben einen Blick in den weiten Krater,
wir sehen bizarre Eisformationen.
Die weite Steppe Tansanias sehen wir nicht, dies ist uns durch Nebel und Wolken verwehrt.
Wir machen gegenseitig Bilder voneinander.
Diesen Augenblick wollen wir festhalten.
Aber hat sich die ganze Anstrengung wirklich gelohnt?
Ja, ja und nochmals ja!
Wir haben hier etwas Außergewöhnliches geschafft.
Und wir haben es mit unserem Körper und unserem Willen geschafft.
Denn keine Straße führt hier herauf, keine Seilbahn, keine Zahnradbahn.
Wir haben keine besondere Technik in Anspruch genommen, keine Maschinen, keine Computer.
Lediglich unsere Begleitmannschaft hat uns nach oben geholfen, menschliche Hilfe eben.
Es ist nicht nur diese eine Viertelstunde, die wir hier oben stehen.
Es sind die gesamten sechs Tage, die sich ins Gedächtnis einprägen.
Oder würde ein Marathonläufer etwa nur diesen einen Moment genießen,
in dem er das Ziel durchquert?
Dennoch: Länger als diese Viertelstunde wollen wir gar nicht hier oben bleiben,
zu kalt ist es. Um 9:45 Uhr sind wir am Gilman's Point zurück.
Nun kommt das eigentlich Unangenehme: Der ganze Weg nach unten.
Wir sehen uns jetzt bei Helligkeit und von oben an,
was wir in der Dunkelheit geschafft haben:
900 Höhenmeter Schotterabhang.
Nun zurückzulegen in etwa 2 Stunden bis zur Kibo Hut.
Die ersten Meter geht es langsam voran, hier gilt es mehr zu klettern.
Dann aber der reine Schotter.
Wir rutschen mehr als wir laufen und werden völlig eingenebelt.
Natürlich halten wir uns nicht mehr wie beim Aufstieg an die Serpentinen,
geradeaus nach unten wird gerutscht.
Daß das Knie und Oberschenkel stark belastet, ist klar.
Unser Assistent macht immer mehr Tempo und läßt uns keine Pausen.
Wir nehmen sie uns stattdessen. Am Ende wartet er gar nicht mehr auf uns.
Ich setze mich irgendwohin an einen Fels gelehnt und nicke für kurze Zeit ein.
Ein kleiner Moment der Erschöpfung!
Treffpunkt ist also die Kibo Hut.
Diese auf 4750 m gelegene Hütte besteht aus mehreren Gebäuden
mit vielen Schlafplätzen und Gemeinschaftsräumen.
Die Bilanz unserer Gruppe: Zwei haben es bis zum Gilman's Point geschafft,
alle anderen bis zum Uhuru Peak.
Überaus erfolgreich also. Wir essen hier zu Mittag.
Es gibt wieder Omelette, Suppe, Ananas und eine Tüte Chips.
Während des gesamten Auf- und Abstiegs war ich nicht in der Lage zu essen, hatte keinen Appetit.
Nun kann ich wieder kräftig zuschlagen.
Trotz dieses mehr als anstrengenden bisherigen Tagesprogramms
sind nun bei noch einmal 1000 m Höhenunterschied
weitere 20 km bis zur nächsten Hütte zurückzulegen,
bei der wir übernachten werden.
Der Rückweg verläuft über die Marangu-Route,
oft scherzhaft "Coca-Cola-Route" genannt.
Die Wege sind hier planiert und gepflegt und vor allem sehr viel begangen.
Und in jeder Hütte auf dem Weg kann man Coca-Cola kaufen.
Gerade diese "Einfachheit" der Marangu-Route läßt viele scheitern.
Fälschlicherweise wird der Eindruck erweckt, jeder könne die Schwierigkeiten meistern.
Zudem werden hier oft fünftägige Touren angeboten.
Ein Tag weniger also, der für die Akklimatisation fehlt.
Angesichts der wesentlich schlechteren Bilanz auf dieser Route offenbar ein entscheidender Tag.
Wir gehen nun den gesamten Kibo-Sattel zurück und lassen den Mawenzi links liegen.
Es ist wirklich eher ein Spaziergang als ein Trekking.
Aber für uns ja nur der Rückweg, zudem geht es bergab.
Ein paar Regentropfen fallen, sind aber kaum der Rede wert.
Langsam gibt es links und rechts des Wegs wieder Gebüsch, aber noch keine Bäume.
Und gegen 16:30 Uhr sind wir an der Horombo Hut, 3780 m hoch.
Ein richtiges Hüttendorf.
Mit Gemeinschaftsgebäuden und einer ganzen Menge an Unterkünften.
Ich beziehe mein Zelt, und schon beginnt es zu regnen.
Na ja, das kennt man schon.
Der Regen dauert auch nicht sehr lange, und dann gibt es Abendessen.
Dazu zur Abwechslung Bier, die 0.5 l-Flasche zu 2 Dollar.
Billiger hätte man es auch nicht erwartet.
Und um 10 Uhr geht es ins Bett, zum letzten Mal ins Zelt.
Um 7 Uhr Aufstehen und zum Frühstück,
um 8 Uhr Start zur letzten Etappe abwärts.
Die Marangu-Route ist leicht wie bisher.
Trotzdem kommen uns viele stöhnende Gestalten entgegen,
obwohl die Steigung wahrlich nicht groß ist.
Wie wollen die das denn jemals schaffen!
Landschaftlich ist diese Strecke aber auch nicht zu verachten.
Bald erreichen wir die Baumgrenze, wir laufen im Regenwald.
Das ist wirklich ein Urwald, wie man ihn sich vorstellt.
Nur Affen sehen wir heute nicht.
Die halten sich wahrscheinlich von diesem vielbegangenen Weg fern.
Mittagspause an der Mandara Hut, 2727 m.
Auch diese ist eigentlich ein Hüttendorf, ähnlich wie die anderen.
Auf den Hütten befinden sich Solarzellen, eine gute Idee!
Das Mittagessen besteht aus Lunchpaketen, gekocht wird nicht mehr.
Weiter durch den Regenwald.
Gegen 14:30 Uhr sind wir am Marangu Gate, das ist der Endpunkt.
Jeder, der Gilman's Point oder Uhuru Peak erreicht hat,
erhält eine Urkunde.
Außerdem dürfen wir uns ins Gipfelbuch eintragen.
In einer feierlichen Prozedur werden die Urkunden überreicht,
dafür ist eigens ein Mitarbeiter der örtlichen Agentur gekommen.
Jedes Mitglied der Begleitmannschaft erhält von der Gruppe ein Trinkgeld,
dessen Überreichung ebenfalls nun stattfindet.
Der Reiseveranstalter hat darum gebeten, gewisse Höchstgrenzen nicht zu überschreiten,
wohl um für zukünftige Touren die Preise nicht zu "verderben".
Wir halten uns daran und geben für jeden genau diesen Höchstbetrag,
weil wir wirklich überaus zufrieden mit dem Ablauf waren.
Alles war sehr gut organisiert.
Eine gute Sache ist es, über dieses Trinkgeld hinaus
der Mannschaft ein paar gebrauchte Kleidungsstücke zu schenken.
Pullover oder Hosen etwa, so etwas hilft den Menschen in diesem armen Land meist mehr als ein paar Dollars.
Der Reiseveranstalter hatte auf diese Möglichkeit extra hingewiesen,
und so hat eigentlich jeder etwas zu verschenken.
Mit dem Auto geht es dann zum Hotel, dem Marangu-Hotel in Marangu.
Hier freuen sich alle über die erste Dusche nach fünf Tagen.
Das Hotel hat auch eine Bar.
Und dort verbringen wir den gesamten Abend, unterbrochen nur durch das Abendessen,
welches im Speisesaal eingenommen wird. Zu feiern gibt es ja genug.
Eine solche Tour kann man pauschal von Deutschland aus buchen.
Es gibt einige Veranstalter, die sich auf derartige Reisen spezialisiert haben.
Auch sind Kombinationen mit weiteren Trekkings wie der Besteigung des Mount Kenya oder des Mount Meru möglich.
Angeboten wird die Kilimandscharo-Besteigung auch zusammen mit Safaris in den nahegelegenen Nationalparks
wie dem Amboseli (Kenia), dem Ngorongoro-Krater oder der Serengeti (beide Tansania).
Schließlich ist immer auch eine Badeverlängerung möglich, etwa in Mombasa (Kenia) oder auf der Insel Sansibar (Tansania).
Natürlich kann man eine Tour auch vor Ort buchen.
Das wird zum Beispiel von einigen Hotels in Marangu oder Moshi (beide Tansania) organisiert.
Insgesamt mag das billiger werden.
Grundsätzlich ist davon aber abzuraten.
Denn man hat einen sehr großen Organisationsaufwand, da die Angebote sich oft auf den Führer und die Träger beschränken.
Es kann also sein, daß man sich um wichtige Ausrüstungsgegenstände selber kümmern muß.
Außerdem weiß man nie, an wen man gerät.
Viele sog. "Guides" sind nur darauf aus, die Sache so schnell wie möglich abzuschließen,
um gleich darauf die nächsten Kunden zu "versorgen".
Sie legen ein ungeheures Tempo vor, was dem Erfolg absolut entgegensteht.
Muß die Tour abgebrochen werden, kommt das dem Guide sehr entgegen.
Wir hatten also im Februar 1999 einen Berg bestiegen, der damals 5895 m hoch war.
So stand und steht es in allen Lexika und Atlanten, so liest man es auf dem Gipfelschild,
so ist es auf der Urkunde geschrieben, die wir erhalten haben.
Dieser Wert stammt von britischen Wissenschaftlern aus den 50er Jahren des 20.Jhdts.
Und, wie sich Ende 1999 herausgestellt hat, ist er ungenau.
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